Von meinen persönlichen Erfahrungen mit dem Schauspiel soll hier die Rede sein.

Slow Acting als Schauspiel ist eng verwoben mit meiner Lebensgeschichte. Auch mit der Geschichte von Wesenheiten, Lehrern, Meistern, Freunden, Schülern, Klienten, die mit ihrem Wesen ein Stück des WEGES mitgegangen sind.

Mein Spielen, das geheimnisvolle Tun in meiner frühen Kindheit ist voller LEBEN. Es führt mich ins Schauspiel-Studium.

Hamlet

Mir wird die Kraft zugetraut, Begabung und das Fassungsvermögen, um mich einzufühlen in Hamlet. Ich traue es mir nicht zu. Dann das Staunen. Viele seiner Gedanken und Befindlichkeiten sind mir vertraut. Sehr sogar, irgendwie und konkret.

In einer Szene erreicht mich Hamlet‘ s Verfassung tief. Ich erfahre seine innere Auseinandersetzung mit einem Schauspieler und mit sich selbst. Dieser Schauspieler trifft Hamlet mit seiner Kunst ins Mark. Daraus ergeben sich für Hamlet Selbsterkenntnisse und Einsichten ins Schauspielen. Sie prägen mich:

Ist‘s nicht erstaunlich, dass der Spieler hier bei einer bloßen Dichtung, einen Traum der Leidenschaft vermochte seine Seele so zu zwingen, dass sein Gesicht von ihrer Regung blasste. Sein Auge nass, Bestürzung in den Mienen. Und seine ganze Haltung gefügt nach seinem Sinn…

Ja, so sollte es Sein im Schauspiel, das hinfinden zu einem anderen Da-Sein. Jedoch … WIE geht das?
Ich ahne es. Die Theaterschule lehrt es mich nicht.
Hamlet ergreift es, das der Spieler wohl Kenntnis besitzt von inneren seelischen Handlungen, durch die sein Gesicht von ihrer Regung blasste. Sein Auge nass, Bestürzung in den Mienen…

Schauspiel

Die Frage nach dem WIE wird für mich zur Frage nach dem WEG. Schauspielen, das diese Richtung verfolgt, kann Seelisches hervorbringen, das Wahre bündeln und verkörpern. Initiatisch entlarvt es die Persona-Maske, führt zur Wesensbegegnung und begleitet die Individuation der Spieler wachsam wie ein Samurai. Seine Möglichkeiten sind unerschöpflich. Also Schauspiel unbedingt, aber:

… mach bitte kein Theater. (Tabori)

Hamlet erkennt die Möglichkeiten des Schauspiels und nutzt sie um einen Mord aufzuklären. Initiatisch sein Entschluß. Er formuliert ihn prophetisch: Das Schauspiel sei die Schlinge, in die den König sein Gewissen bringe …
In jeder guten Probe, bei der die Wahrheit der Seele durch Handeln ergründet wird (Moreno), mit vertiefter Wahrnehmung, wird diese Situation von jedem Spieler mehr oder weniger stark erfahren.

Zurück zur treibenden Kraft aus dem Ursprung die zum wirkenden, handelnden, tätigen Wesen führt, zum Prinzip WIE.

Dem Spieler ist es gelungen seine Seele so zu zwingen …
Davon ist Hamlet’s Seele berührt und meine auch. Nur ist die Bezeichnung zwingen für mich in  seltenen Ausnahmesituationen stimmig. Ich möchte sie stimmen und auf diese Weise  den authentischen, leibkörperlichen Ausdruck bewirken.

Meditation

Meditationserfahrungen haben mich gelehrt mit inneren Bildern ordnend umzugehen. Nach innen schauen gehört längst zur Methode. Ich erfahre, dass die Imagination zur leibhaften Bildgestaltung werden kann und so stimmige Verkörperung bewirkt. Imagination ist verwandt mit Meditation. Beide, das erkenne ich immer mehr, sind Voraussetzung um das WIE zu aktivieren. Schauspielen gelingt nur in der dialogischen Kommunikation mit der Seele!

Als Yeux-Vert in „Unter Aufsicht“. J. Genet

Vielleicht war ich ja schon auf der Theaterschule dem WIE auf der inneren Spur. Denn bei Proben und vor jeder Vorstellung setze ich Bewegungen, Handlungen, Interaktionen, die für meine Rolle gefordert sind, in innere Bilder um. Die inneren Bildstreifen geben dem Ausdruck und dem Bühnenhandeln mehr seelische und authentische  Energie. Hier entlang entwickelt sich bereits der Weg zum späteren Slow Acting.

Als Helms Fell Harper in „Champagner-Komplex“. L. Stevens

Werden Wandlungskraft und Wirkung durch geführte Imagination, aus dem bloßen Schauspiel, einmal das besondere Slow Acting Schau-Spiel, mit Bindestrich geschrieben, hervorbringen? Das wahre schöpferische und künstlerische Leben kommt aus dem inneren Schauen.

Als Ferdinand in „Kabale und Liebe“. F. Schiller

Auf der Bühne erscheinen soll vor allem das seelische Leben, nicht der Alltag. Wenn die, das erfahre ich zunehmend,  von der Seele geforderte Langsamkeit auch Zeit und Raum bekommt wird der Ausdruck wesentlich. Im konventionellen Theater ist es mir nicht möglich diese inneren Vorgänge zu bedienen. Ich suche nach nach einem Aus-Weg.

Die Wege zum WIE ersparen mir seelischgeistiges und biologisches Chaos nicht. Das Experimentieren mit Drogen kommt ins Spiel,  auch andere Abwege gefährden die wahre Schöpferkraft.
Das ganz andere in der eigenen Seele ist jedoch  immer spürbar, auch dann wenn es mitunter in weite Ferne rückt.

Dann folge ich dem inneren Ruf, besuche die von Graf Dürckheim in Frankfurt geleiteten Meditationsseminare. Übungen im Stile des Zen.

Die Kultur der Stille

Professor Graf Dürckheim hat nach dem Studium des Zen in der Kunst des Bogenschießens in Japan, als erster das Zen in Deutschland eingeführt. Obwohl ich von früher Jugend an Meditation praktiziere ist mir das Zen fremd geblieben. Ich ahne, dass es auf der Suche nach meinem persönlichen und künstlerischen Weg Richtung gibt. Von nun an wird das Sitzen in der Stille, auf einem Meditationskissen, zum täglichen Exerzitium. Ob daraus einmal, das Schauspiel aus einer Kultur der Stille werden will?

Das Ziel kennt nur die Seele

In meinem nächsten Blog erzähle ich vom mehrjährigen Aufenthalt in der Existentialpsychologischen Bildungs- und Begegnungsstätte, spätere Schule für Initiatische Therapie.
Meine Ausbildung und Mitarbeiterschaft dort nimmt enormen und gewünschten Einfluss auf meine persönlichen und künstlerische Erneuerung. Der Gewinn für das sich weiter entwickelnde Schauspiel ist unbeschreiblich.

Nun freue ich mich wieder auf Rückmeldungen und Zeichen von Euch.